Wenn das Stauziel bei der (hypothetischen) Wasserfassung in Vent, wie bisher immer angegeben, auf 1846,3 Meter Meereshöhe liegt, dann staut es auch unweigerlich zurück bis zur Meereshöhe 1846,3 Meter.
Anders geht’s nicht. Beim besten Willen nicht. Bei aller Ingenieurskunst der TIWAG nicht.
Das ist nämlich Physik.
In der aktuellen Powerpoint-Präsentation der TIWAG vom 24. Jänner 2024 lässt die TIWAG den Rückstau flussaufwärts rund 250 Meter früher enden – bei ca. 1840 Metern Meereshöhe. Das geht nicht. Da macht das Wasser nicht mit. Es will hinten gleich hoch sein wie vorne.
Rechts die Darstellung der TIWAG mit dem hellblau eingefärbten Rückstau, links, von mir rosarot eingefärbt, der unvermeidbare wirkliche Rückstau bei einem Aufstauziel von 1846,3 Metern an der Wehrmauer.
Herunterspielen und kleinreden hilft da nicht. Weichspülen und schönfärben auch nicht.
Hätte die TIWAG das letzte Vertrauen nicht sowieso längst verspielt, dann gewiss mit so plumpen Manipulationen wie dieser.
Warum die TIWAG ihre große Inseratenkampagne so abrupt gestoppt hat
Im Oktober 2023 hat die TIWAG eine Anzeigenserie mit sechs Sujets in lokalen und überregionalen Zeitungen gestartet und sie im Oktober 2023 auch schon wieder eingestellt. Aufwendig gestaltet von der Werbeagentur der TIWAG (Citygrafic) mit ganz viel textlichem Geschwurbel, mit zu viel textlichem Geschwurbel angesichts dessen, wie die TIWAG gleichzeitig das Längental betoniert.
Mit „intakte Umwelt“ und „Artenschutz“ und „Biodiversität“ und „sorgsamer Umgang mit Wasser“ … „im Einklang mit der Natur“ ist da allzudick aufgetragen worden. Auch „Versorgungssicherheit für Tirol“ und „Unser Strom für Tirol“ haben so gar nicht zu den Schlagzeilen gepasst, die die TIWAG in Sachen Kundenkündigungen und Stromexport zur gleichen Zeit produziert hat.
Es ist daher von wohlmeinender Seite der gute Rat an die TIWAG-Spitze ergangen, die Kampagne rasch und komplett herunterzufahren, weil sie – bei dem Ruf, den die TIWAG inzwischen hat – höchst kontraproduktiv sei.
Und so ist auch seit Ende Oktober keine derartige Anzeige mehr geschaltet worden.
So würde der Längentalbach sich auch heute noch durch das winterliche Längental herausschlängeln, wenn … ja, wenn ihn die TIWAG nicht brutal untergebuttert hätte.
Eine schlechte und eine gute Nachricht für die TIWAG
Durch den Klimawandel, den die TIWAG ebenso hartnäckig wie erfolglos zu ignorieren versucht, kommt es immer öfter zu Starkregen und rasch anschwellenden Bächen auch im Herbst, wie zuletzt am 20. Oktober 2023 im hinteren Ötztal. Die TIWAG wirbt gerne damit, dass sie drohendes Hochwasser ins Kaunertal ableiten, ja, dafür sogar das Stollenprofil extra größer auslegen würde.
Für den Gepatschspeicher hieße das, dass es dort zumindest bis in jeden Spätherbst hinein ein ordentliches Sicherheitsfreibord geben müsste, um die möglichen zusätzlichen Wassermassen aufnehmen zu können und die sogenannte Gefahrenkote nicht zu übersteigen.
Wenn das Hochwasser nicht kommt, hat die TIWAG Speicherraum „verschenkt“, was sie später nicht mehr aufholen kann. Das heißt, durch die Errichtung von Überleitungen aus dem Ötztal ginge beim Gepatschstausee jedes Jahr wertvolles nutzbares Speichervolumen verloren. Was natürlich auch die Wirtschaftlichkeit des Projekts herabsetzen würde.
Das ist eine schlechte Nachricht für die TIWAG.
Aber es gibt auch eine gute: Das Wasser aus dem Ötztal wird nicht abgeleitet.
Die TIWAG exportiert den größten Teil des aus unseren Bächen erzeugten Stroms.
Und importiert dafür … ja, was?
Der Strom, den die TIWAG an die Tiroler Stromkunden (Haushalte, Gewerbe, Industrie) liefert und verkauft, kommt vielfach aus dem sogenannten europäischen „Stromsee“.
Geht gar nicht anders.
Die TIWAG mag den importierten Strom wohl über Zertifikate von Ökostrom-Anbietern kaufen (z.B. aus Norwegen), ins Land kommt aber de facto ein Gemisch aus „grünem“ und „grauem“ Strom aus den Nachbarstaaten.
Der Einnäher, den die TIWAG diesem Gemisch, das sie in Tirol ausliefert, verpasst, erinnert daran, wie europäische Modelabels Erzeugnisse aus Bangladesch, Kambodscha, China, Myanmar, Pakistan, Vietnam, Indonesien usw. hier mit ihrem berühmten Markennamen auf dem Etikett verkaufen.
Kein Fake. Die TIWAG wirbt wirklich mit diesem „Einnäher“ für den umetikettierten Mischmasch, den sie aus dem Stromsee bezieht.
Nach den Gesetzen, die sich die Energie-Lobby gemacht hat, ist das alles rechtens.
In Wahrheit ist es aber wie bei der Mode nichts anderes als Greenwashing. Erlaubter Betrug.
Es ist selbst der TIWAG nicht möglich, aus dem schmutzigen internationalen Stromsee den – laut Verkaufsschmäh – sauberen Ökostrom herauszufischen oder herauszufiltern.
Die Firma iDM von Manfred Pletzer in Matrei in Osttirol ist Österreichs größter Wärmepumpenhersteller.
Manfred Pletzer ist Aufsichtsratvorsitzender-Stellvertreter der TIWAG Tiroler Wasserkraft AG
„Wir fördern seine Wärmepumpe“
Zufall war es gewiss auch, wie ausgerechnet der langjährige TIWAG-Aufsichtsratsvorsitzende Reinhard Schretter von den Zementwerken Schretter & Cie in Vils bei den TIWAG-Baustellen exklusiv mitseinem Zement zum Zug gekommen ist. So zuletzt mit mehr als 60.000 Tonnen Schretter-Zement beim GKI.
Wenn sich die TIWAG mit einem Argument selber ins Knie schießt
In einer früheren Variante der Ableitungen aus dem Ötztal hat die TIWAG weit höher gelegene Wasserfassungen der Bäche in Gurgl und Vent geplant. 300 – 400 Meter weiter oben sollten in einer Art Ringleitung Königsbach, Ferwallbach, Gaißbergbach, Rotmoosache, Langtalbach, Niedertaler Ache und Rofenache gekappt und Richtung Kaunertal abgeleitet werden.
Dabei hat sie argumentiert, dass die „Fassung in großer Höhe“ ursuper sei.
Das kann umgekehrt nur heißen, dass die jetzt geplanten sehr tiefen Wasserfassungen, nämlich unterhalb von Obergurgl und Vent, gar nicht super sind, weil „die Auswirkungen in den tiefer liegenden landwirtschaftlich genutzten bzw. bewohnten Gebieten“ in größerem „Maße spürbar sind“.
Ich würde sagen: ein sehr schönes Eigentor der TIWAG.
Was ist an dieser (etwas älteren) TIWAG-Werbung grundfalsch, abgesehen davon, dass der Spitzenstrom natürlich nicht für Tirol erzeugt wird, sondern exportiert wird?
„UNSER WASSER“ ist falsch.
Weil es nicht das UNSER WASSER der TIWAG ist.
Es ist das UNSER WASSER von uns. Zum Beispiel im Ötztal.
Es geht noch einmal um den Partnerschaftsvertrag, wie die TIWAG den Vertrag mit den vom Kraftwerksbau in Kühtai hauptbetroffenen Gemeinden nennt. Im Beitrag vom 15.1.2024 (unten) haben wir uns die ganz und gar lächerlichen Abschlagszahlungen für die geschädigten Gemeinden angeschaut. Auf Basis der Berechnungen von 2021 soll die Anrainergemeinde Oetz, bereits durch das bestehende Kraftwerk stark betroffen, nach Fertigstellung des in Bau befindlichen 21.600 Euro jährlich als Ausgleichszahlung für alle Nachteile und Einbußen erhalten. 21.600 Euro! Das ist soviel wie jeder etwas größere Betrieb in Oetz jährlich an Abgaben an die Gemeindekassa zahlt!
Die Gemeinde Längenfeld, der drei Gebirgsbäche in Gries von der TIWAG auf immer und ewig geraubt werden, Bäche, die nie wieder wie in den letzten Tausenden Jahren im Ötztal herunten ankommen, soll dafür immerhin 157.000 Euro pro Jahr bekommen. Dafür hat sie drei Wasserfassungen im Sulztal akzeptieren müssen, drei bei Starkregen mitunter höchst gefährliche Wasserfassungen wie sich im benachbarten Horlachtal (siehe den Beitrag unten vom 19.1.2024) gezeigt hat.
Da hat die TIWAG freilich, wie sie es nennt: „im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit“ vorgebaut, indem sie die Gemeinden vertraglich verpflichtet hat, die „ihnen jährlich zufließenden Beträge“ für Schutzmaßnahmen einzusetzen.
Also: Die TIWAG erhöht die Gefahren durch ihre Eingriffe in die Bäche, überbürdet die Vorkehrungen gegen mögliche daraus erfolgende Katastrophen aber den Gemeinden. Diese haben der TIWAG gegenüber auch noch Rechenschaft über die zweckentsprechende Verwendung der „Ausgleichszahlungen“ zu geben.
Mehr noch: Falls die Gemeinden mit diesem Geld nicht genug getan haben sollten, um Schäden abzuwehren, haften sie der TIWAG gegenüber und fallen um die Ausgleichszahlung um. Anders ist die entsprechende Passage im Knebelvertrag nicht zu verstehen.
Das alles sind „Verpflichtungen der Gemeinden“.
Von Verpflichtungen der TIWAG steht nichts im Vertrag.
So schaut eben ein Vertrag aus, den das Land Tirol in Vertretung der Gemeinden mit der TIWAG, und das heißt: mit sich selbst aushandelt.
Dafür dürfen die Gemeinden die TIWAG – bei allem was sie vorhat – „unterstützen und dauerhaft positiv begleiten“.
Alle Ausschnitte (inkl. Titel) aus dem 2022 von allen betroffenen Gemeinden unterfertigten
Der Strom ist am billigsten, wenn zuviel produziert und am wenigsten verbraucht wird.
Wann ist das?
In der Nacht. Zwischen 3:00 und 5:00 Uhr in der Früh.
Scheint dort die Sonne?
Eher nicht.
Die Produktionsspitze von Solarstrom ist um die Mittagszeit. Dann, wenn im Tagesverlauf auch der Verbrauch am höchsten und der Strom an der Börse am teuersten ist.
Genau in dieser Zeit möchte auch die TIWAG ihren Strom produzieren und verkaufen. Und nicht pumpen.
Und für den Windstrom von der Nordsee fehlen schlicht die Leitungen in den süddeutschen Raum.
Also: Dann, wenn der meiste Pumpstrom verbraucht wird, stammt dieser aus dem europäischen Stromsee, der (immer noch) bis zur Hälfte gefüllt ist mit Energie aus kalorischen Kraftwerken und Atomkraftwerken.
In ihrer Propaganda verkauft die TIWAG Wasserableitungen als Hochwasserschutz. Und nach außen hin hat sie auch nie zugegeben, dass ihre „Wasserfassung“ am Horlachbach an den verheerenden Schäden in Niederthai und Umhausen im August 2005 schuld war.
In TIWAG-internen Papieren wird hingegen sehr wohl Klartext gesprochen.
Der Horlachbach in Niederthai am Tag des Hochwassers und das Horlachtal vier Wochen später
Das Moor hat seine Schuldigkeit noch lange nicht getan
Die Moorfläche im Platzertal erstreckt sich auf über 200.000 Qudratmeter.
Moore sind die bedeutendsten Kohlenstoffspeicher aller Landlebensräume. Sie sind dabei fünfmal so effektiv wie Wälder.
Obwohl sie nur drei Prozent der globalen Erdoberfläche bedecken, binden sie ein Drittel des gesamten Kohlenstoffs.
Platzertal
Wenn Moore zerstört werden, wie im Längental, kommt der Torf in Kontakt mit Sauerstoff, der Kohlenstoff oxidiert und es gelangen große Mengen an CO2 in die Atmosphäre. Zudem auch das dreihundertmal klimaschädlichere Distickstoffmonoxid (Lachgas).
Somit sind zerstörte Moore eine bedeutende Quelle von Treibhausgasemissionen.
Bei der letzten Vorstellung des Projekts im Gemeinderat in Sölden am 24. Februar 2023 hat die TIWAG die gewählten Vertreter richtiggehend belogen, was den Rückstau der Gurgler Ache von der geplanten Wehrmauer in Gurgl (Poschach) anlangt.
Wenn die „Kote Mauerkrone“, die dem geplanten Stauziel entspricht, auf 1843,5 Meter Meereshöhe liegt, korrekt: liegen würde, dann müsste sich das Stau-Ende logischerweise ebenfalls auf 1843,5 Metern befinden. Und damit würde die Gurgler Ache fast doppelt so weit zurückgestaut wie die TIWAG in ihrer Powerpoint-Präsentation dem Gemeinderat vorgegaukelt hat.
Hellblau die Fake-Darstellung der TIWAG, rot die Realität laut Höhenmessung
Es ist diese andauernde, offenbar unausrottbare Verlogenheit, die der TIWAG noch nie gut bekommen ist. Das Image, das sie hat, hat sie zurecht.
Der Kühtai-Vertrag
Ein Sackl Zuckerln für elf Gemeinden
Die TIWAG hat den elf vom Ausbau der Kraftwerksgruppe Kühtai hauptbetroffenen Gemeinden einen Vertrag „im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit“ vorgelegt. Darin bietet sie für die gravierenden verursachten Schäden, nein, „konkreten und ideellen Beeinflussungen“, wie sie es nennt, sogenannte „Ausgleichszahlungen“ an. Diese belaufen sich auf Berechnungsbasis 2021 für die Gemeinden Neustift, Fulpmes, Längenfeld, Umhausen, Oetz, Sautens, Roppen, Haiming, Silz, Mötz und Stams – alle zusammen – auf jährlich EUR 631.500.
Das sind die Brösel. Der Kuchen bleibt der TIWAG.
Dafür werden aus dem hinteren Stubai Fernaubach, Unterbergbach und Daunkogelfernerbach abgeleitet, Wasser, das im gesamten bisher schon arg ausgebeuteten Tal fehlen und was bis Innsbruck spürbar sein wird. Zudem plündert die TIWAG im Sulztal den Fischbach, den Schranbach und den Winnebach, die dann auch das gesamte äußere Ötztal hinaus und den Inn hinunter bis Mötz ausfallen.
Dazu die massiven Eingriffe in die Natur durch Zufahrtsstraßen, sechs hineingeklotzte Wasserfassungen, zwei Pumpstationen, großflächige Deponien für den Ausbruch der zig Kilometer Fensterstollen und Beileitungsstollen sowie und vor allem die Zerstörung des gesamten Längentales für den Speichersee.
Elf Zuckerln für elf Gemeinden. Saure Drops.
EUR 631.500
Von diesem Sümmchen bleiben beispielweise der Gemeinde Oetz, allein schon durch den Baustellenverkehr arg geschädigt, jährlich 21.600 Euro.
21.600 Euro!
Wobei: Bleiben ist zu viel gesagt. Von diesem Betrag ist eine, wie es heißt, „allfällige Umsatzsteuer“ abzuführen. Die 21.600 fließen auch erst im „ersten vollen Betriebsjahr (Kalenderjahr)“. Bis dahin gibt’s, vom Probebetrieb an, nur die „50 % des jährlichen Betrages“. Also 10.800 Euro.
Auch falls es in den nächsten Jahren neue gesetzliche Vorschriften – z.B. was die Restwasservorschreibung betrifft – geben sollte (was mit Sicherheit der Fall sein wird), reduziert sich die Zahlung aufgrund geringeren Wassereinzuges. Die Wertsicherung der Entschädigung ist zudem nicht an den recht zuverlässigen Verbraucherpreisindex gekoppelt, sondern an den Strompreis an der Börse. Heißt, wenn der Preis am Strommarkt fällt, gibt’s auch weniger für die Gemeinden als der allgemeinen Inflation entsprechen würde.
Dieser Vertrag, den die TIWAG den geschädigten Gemeinden aufoktroyiert hat und den sich die geschädigten Gemeinden von der TIWAG haben aufoktroyieren lassen, ist von diesen „auf Bestandsdauer für das Speicherkraftwerk Kühtai einseitig unkündbar“.
Was die TIWAG nicht sagt:
Wofür sie das Wasser aus dem Ötztal in erster Linie bräuchte
Die in den Gepatschspeicher umgeleiteten Zuflüsse nehmen ab: Der Klimawandel bringt es mit sich, dass die vor 60 Jahren gekaperten (unfreiwilligen) Wasserspender Radurschlbach, Tscheybach, Gsalbach, Verpeilbach, Madatschbach, Wazebach, Rostizbach, Taschachbach und die Pitze weniger Wasser bringen werden. Vom dramatischen Rückgang des Gepatschferners gar nicht zu reden.
Eine Studie mehrerer deutscher Forschungseinrichtungen (GLOWA-Danube-Projekt) hat gezeigt, dass infolgedessen die Situation beim Gepatschspeicher in wenigen Jahren zu „starken Einbußen in der Energieproduktion“ führen wird.
Der Glaziologe Markus Weber, der an der Studie mitgearbeitet hat, geht daher davon aus, dass die Gurgler und die Venter Ache vor allem dafür herhalten sollen, „die prognostizierten Verluste am Gepatschspeicher auszugleichen“.
Das werden sie, so wie ich die beiden Bäche kenne, sicher nicht tun.
Der TIWAG geht es nur darum, den Cash hochzuhalten.
Denn der wichtigste Bach der TIWAG ist nicht etwa der Radurschlbach oder der Taschachbach.
Der wichtigste Bach der TIWAG ist immer noch der Reibach.
Im Außerfern ist ein Windkraft-Park geplant. Von der TIWAG?
Iwo! Vom Verbund!
Die TIWAG ist nach wie vor nicht willens, auch nur Überlegungen in Richtung einer Windkraftanlage anzustellen.
Aus Sorge, ihre auf Hochtouren laufende Wasserkraftpropaganda könnte darunter leiden.
Der Verbund hat Pläne vorgelegt für elf Windräder im Bereich Schattwald-Zöblen mit einer Gesamtleistung von ca. 40 Megawatt. Das wäre deutlich mehr als das Zweieinhalbfache des Laufkraftwerks Tumpen-Habichen.
Die TIWAG interessiert das einen Dreck.
Die TIWAG, die sonst so bedauert, dass die Großkraftwerke im Zillertal vom Verbund betrieben werden.
Wieder einmal ein paar Beispiele dafür, welche Methoden die TIWAG immer schon bereit war einzusetzen, um ihre Projekte durchzuboxen.
Aus den Bewerbungsunterlagen der Agentur Hofherr, die 2005 den Auftrag der TIWAG zur „Kommunikation“ ihrer Kraftwerksprojekte erhalten hat.
Andreas G. Mimm (AGM) von der „hofherr communikaton gmbh“ soll Leserbriefe erfinden, für die Eugen Stark (ES) von der „hofherr communikaton gmbh“ dann geeignete, das heißt unverdächtige Versender auftreiben wird.
Martin Mayerl, so etwas wie der „Energiesprecher“ der Tiroler Volkspartei im Landtag, wirft sich in der Bauernzeitung für den Ausbau des Kaunertalkraftwerks ins Zeug.
Ausgerechnet der Mayerl!
Für die TIWAG!
Der Mayerl, der sich als Bürgermeister von Dölsach von der TIWAG verabschiedet hat und sämtlichen Gemeindebetrieben von Dölsach den Strombezug von einem Kärntner Energielieferanten verordnet hat.
Weil die TIWAG immer noch das alte Märchen erzählt
Das Märchen von ihren Wasserfassungen und ihren Ableitungen, die die Dörfer und Täler darunter angeblich vor Hochwasserkatastrophen bewahren sollen.
Die Realität sieht anders aus. Im Ötztal denkt man da mit Schrecken zurück an den August 2005 und an die „Wasserfassung“ im Horlachtal oberhalb von Niederthai, die eben nicht funktioniert hat. Dadurch wurde kein Wasser mehr in den Speicher Kühtai abgeleitet.
Die Folge waren verheerende Schäden vor allem zwischen der Larstigalm und Niederthai sowie in Umhausen/Östen.
Die Ableitungen aus den Hochtälern funktionieren bei Schönwetter. Bei stärkerem Regen können sie zugemurt werden, infolge Stromausfalls versagen oder werden sogar mit Absicht geschlossen, weil die Kraftwerksbetreiber ihre Überleitungsstollen und Speicher von Geröll und Sand freihalten wollen.
Die vorgegaukelte Sicherheit für die Unterlieger ist eine höchst trügerische. Durch das oft jahrelang im Bachbett liegengebliebene Geschiebe verschärfen die Bachfassungen in Wahrheit noch die Gefahr für Mensch und Natur. Wasserfassungen sind kein Hochwasserschutz, sondern bräuchten selber einen.
Solche Wasserfassungen oder eben Wassernichtfassungen möchte die TIWAG auch am Ferwallbach, am Königsbach, an der Gurgler und an der Venter Ache errichten.
„Das gesamte Material für den Damm wird vor Ort im Längental gewonnen, aufbereitet und Schicht für Schicht eingebaut und verdichtet. Also: Wir müssen keine Materialien zuliefern.“
ORF, Österreich-Bild, 10.12.2023
Ach ja, und was ist mit dem Dichtungskern aus Asphaltbeton beim Damm? Und mit der Dichtungswand aus Stahlbeton? Und der Oberflächendichtung aus Beton auf der gesamten Wasserseite?
Es ist immer wieder diese ständige, höchst unanständige Verlogenheit, die das – entschuldige – Betonierer-Image der TIWAG so einzementiert.
Wie hartnäckig die TIWAG den Klimawandel ignoriert
Wer die Ache im hinteren Ötztal schon länger kennt und beobachtet, hat mitbekommen, dass sie selbst an den heißesten Sommertagen weniger Wasser führt als früher. Warum? Weil die massiv geschrumpften Gletscher trotz der heute höheren Temperaturen weniger herzugeben haben.
Die TIWAG ficht das in ihren Planungen nicht an. Sie bleibt bei ihren alten und längst überholten Abflusszahlen.
Widdewiddewitt
Wir machen uns die Welt
Widdewidde wie sie uns gefällt ….
Mehr noch, sie geht offenbar von in Zukunft immer mehr nutzbarem Wasser aus. Wollte sie auf Basis der amtlich erhobenen Wassermenge 2014 noch 289,3 Millionen m³ der Gurgler und Venter Ache ableiten, hat sie den begehrten Wassereinzug 2023 sogar erhöht auf 294,7 Millionen m³.
2014
2023
Die Realität sieht anders aus
Im Hauptabflussmonat Juli beispielsweise, jenem Monat, in dem die Ache im hinteren Ötztal am meisten Wasser führt und in dem die TIWAG auch am meisten Wasser ableiten möchte, ist die Abflussmenge von 2014 (siehe oben) bis 2023 um 11,5 Prozent (!) gegenüber dem langjährigen Schnitt von vorher zurückgegangen, in den letzten beiden Jahren sogar um 18,8 Prozent.
Auch im stets zweitstärksten Monat August gab es selbstverständlich einen kontinuierlichen Rückgang, selbst durch das Jahrhunderthochwasser im August dieses Jahres im Ötztal wurden die durchschnittlichen August-Zahlen von vor 2014 klar unterschritten.
(Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Wasserwirtschaft)
Ich nehme an, die Gutachter im UVP-Verfahren werden der TIWAG ihre falschen Ausgangszahlen ordentlich um die Ohren hauen.
Es ist ja nicht „nur“ die Moorlandschaft im Platzertal
Im Platzertal gibt es auch ein Musterbeispiel des sehr seltenen und in dieser Ausprägung höchst schützenswerten Gewässertyps Hochgebirgsmäander. Umso mehr schützenswert, als gerade einer der vorletzten mäandernden Gebirgsbäche in Tirol, jener im Kühtaier Längental, von der TIWAG für immer und ewig komplett zerstört worden ist.
Wissenschaftliche Definition:
„Mäander sind Abfolgen von Flussschlingen, wie sie sich in unbefestigten Fließgewässerabschnitten mit sehr geringem Gefälle und gleichzeitig transportiertem, feinkörnigem Geschiebe auf natürliche Weise bilden. Mäandernde Flussläufe greifen durch Erosion an der Kurvenaußenseite immer weiter seitlich aus und lagern mitgeführte Sedimente an der Kurveninnenseite ab.“
Möchte die TIWAG diesen Hochgebirgsmäander auch „verpflanzen“ und woanders neu ansiedeln?
Die großen Gletscherbäche des hinteren Ötztales führen (für Außenstehende) unvorstellbare Mengen an Geröll und Gletscherschliff mit sich. Diese angelieferte Wasserfracht bliebe in den sogenannten Entsandungskammern der Wasserfassungen so lange liegen, bis das Geschiebe durch sein Gewicht automatisch den Verschluss öffnet und die Ablagerungen mit einem plötzlichen Schwall hinausgespült werden.
Die TIWAG selbst muss zum Beispiel in Kühtai auf Warntafeln darauf hinweisen, dass „wegen dieses plötzlich auftretenden Wasserschwalls das Betreten und vor allem das Spielen von Kindern im Bachbett lebensgefährlich und daher verboten ist“.
In einer ersten Vorprüfung dieses – wie es heißt – „Feststoffmanagements“ bei den geplanten Ableitungen in Gurgl und Vent sprechen selbst die vom Land eingesetzten Experten dann auch „von gewissen Zweifeln hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens“.
Die TIWAG möchte im Oberen Gericht zwei neue große Kraftwerke errichten und mit dem Wasser aus dem Ötztal betreiben: Ein Pumpspeicherkraftwerk am Fuße des Gepatschstaudamms mit der Leistung von 400 Megawatt und zusätzlich ein Kraftwerk in Prutz mit 500 Megawatt Leistung.
Das will die TIWAG so nicht sagen. Stattdessen nennt sie die beiden geplanten Großkraftwerke Krafthäuser. Nicht nur das, sie sagt sogar, es seien gar keine Kraftwerksneubauten.
Wenn das so ist, dann sind auch die Kraftwerke der TIWAG im Kühtai und in Silz und in Prutz und in Imst und in Langkampfen und in Kirchbichl und in Jenbach und in Amlach usw. gar keine Kraftwerke! Dann hat die TIWAG überhaupt keine Kraftwerke, sondern nur so eine Art Krafthäuser.
In ihrer schieren Aussichtslosigkeit, das Projekt der Kraftwerkskette Gurgl-Vent-Kaunertal-Platzertal-Kaunertal-Prutz-Imst-Haiming gegen den Widerstand der Bevölkerung doch noch irgendwie durchzuboxen, hat sich die TIWAG um viel Geld ihrer Stromkunden die Dienste der Innsbrucker „Kommunikationsagentur“ Clavis gekauft.
Diese Agentur ist für die Fisch‘. Aber nicht für alle.
Während Clavis der TIWAG helfen will, der Fischpopulation in der Ötztaler Ache das Leben unmöglich und am oberen Inn immer noch schwerer zu machen, hat sie ganz pharisäerhaft eine Patenschaft für den Stör in der Donau übernommen, weitab vom Ein-Flussgebiet der TIWAG.
Pumpspeicherkraftwerke sind, wie Stroppa richtig sagt, eine Technologie von gestern. Technologien von gestern sind heute ganz allgemein überholt.
Das ist auch hundert Jahre alte Technologie:
Heute gibt es intelligentere Formen der Energierzeugung als Pumpspeicherkraftwerke, bei denen zur „Erzeugung“ von 100 Megawattstunden zuerst einmal 130 zugekaufte importierte Megawattstunden zum Hinaufpumpen eingesetzt und verbraucht werden müssen (hier).
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*) Noch was: Ihr habt hier gar kein Wasser. Das Wasser haben wir. Und das bleibt auch so.
Die TIWAG freut sich über die Watsche, die sie beim Verwaltungsgerichtshof kassiert hat
Soeben hat das Bundesverwaltungsgericht in Wien das UVP-Verfahren in Sachen Kraftwerk Haiming vorerst einmal gestoppt. Das Gericht verlangt weitere Gutachten von unabhängigen Experten.
Die TIWAG freut sich ganz außerordentlich über diese Abfuhr.
Dabei konnte das Gericht aus Zeitgründen auf die vorgebrachten Einwendungen der Gemeinde Haiming noch nicht einmal eingehen. Dort geht es dann um die bedrohte Wasserversorgung der Gemeinde und das befürchtete Versiegen von Quellen im Tschirgantmassiv.
Wie wird sich die TIWAG erst freuen, wenn diese Einwendungen verhandelt worden sind!
„Die Post von Sölden ist ausgeblieben. Die Ache ist fast ohne Wasser, so daß die Elektrizitätswerke nur rote Fäden in den Lampen erzeugen. Im unteren Tale regnet es den Schnee wieder fort.“
Ein Kraftwerksspeicher im Platzertal geht schon dreimal nicht
Ganz abgesehen vom Widerstand der Menschen im Oberen Gericht, die sich die Zerstörung ihres Tales niemals gefallen lassen würden, gibt es zumindest drei No-Gos für einen Stausee der TIWAG im Platzertal.
Gibt es rund um den geplanten Stauraum auftauenden Permafrost, der – wie im Sommer 2023 – ganze Hänge in Bewegung setzt.
Gibt es im Platzertal ein sich über zwanzig (!) Hektar erstreckendes unberührtes Moor, das aus klar naturschutzrechtlichen Gründen nicht zerstört werden darf.
Befindet sich mitten im Tal eine alte Begräbnisstätte hier verstorbener oder verunfallter Bergwerksarbeiter (hier), die unter Wasser zu setzen aller Pietät widersprechen würde.
Nur weil die Firma von Bürgermeister Richard Grüner mit der TIWAG-Baustelle im Sulztal das Geschäft ihres Lebens macht, ist das noch kein Grund, dass sich die familienfreundliche Gemeinde Längenfeld auf der offiziellen und behördlichen und amtlichen Internetseite auch als tiwagfreundlichste präsentiert.
TIWAG-Großbaustelle Sulztal (Längenfeld): Wasserfassungen und Ableitungen von Fischbach und Schranbach. Und „Grüner-Transporte“ und „Grüner-Erdbau“ überall.
Entgegen den langjährigen katastrophalen Erfahrungen mit dem liegengebliebenen Geschiebe unterhalb der Wasserfassungen und den Expertisen von unabhängigen Fachleuten spricht ein kurioses Gutachten davon, dass die Ableitungen an der Gurgler und Venter Ache anstatt einer drastischen Verschärfung im Falle von Hochwasser sogar eine Verbesserung der Situation bringen würden.
Die Autoren rund um einen Prof. Dr. Robert Boes (ETH Zürich) bedanken sich abschließend auch artig bei ihrem Auftraggeber.
Die VAW ist die Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie an der ETH Zürich unter der Leitung des Herrn Professor Boes.
Robert Boes war vor seinem Wechsel nach Zürich bei der TIWAG Chef der Abteilung für Talsperrenbau und insbesondere für die geplanten TIWAG-Projekte in Osttirol zuständig.
„Unsere Experten haben sehr intensive Untersuchungen hier gemacht. Wir haben weder ein Hochmoor festgestellt, noch ein sogenanntes Niedermoor. Das gibt es hier nicht.“
Wolfgang Stroppa, Projektleiter Kaunertal (Ö-Bild, 10.12.2023)