Auch der Ötztaler Heimatverein, Eigentümer des renommierten Ötztaler Heimat- und Freilichtmuseums sowie des Gedächtnisspeichers, tritt entschieden gegen die Umleitung des Ötztaler Wassers ins Kaunertal auf.
Das eine ist sowas von easy,
das andere aber ganz unmöglich
In ein Gipsrelief eine Schneise zu schneiden, die die geplante Umleitung der Gurgler und der Venter Ache ins Kaunertal zeigen soll, ist kein Kunststück. Quer durch den Ötztaler Gebirgsstock aber einen 25 Kilometer langen Stollen zu sprengen, um unsere Bäche abzuleiten, ist nicht nur aufgrund des harten Ötztaler Gesteins schwierig, sondern vor allem aufgrund des harten Ötztaler Widerstands völlig aussichtslos.
Das hat die TIWAG gebaut
Der Projektleiter der TIWAG Wolfgang Stroppa präsentiert hier stolz sein im Infopoint am Gepatschspeicher ausgestelltes Spielzeugmodell.
Der Energiesprecher der Volkspartei im Tiroler Landtag sagt der TIWAG ade!
Martin Mayerl ist Landtagsabgeordneter der regierenden ÖVP und auch deren Energiesprecher. Im Hauptberuf ist er Bürgermeister der Gemeinde Dölsach in Osttirol.
Weil ihm die TIWAG für die Gemeindebetriebe zu teuer geworden ist, hat er sich mit seinem Gemeinderat gegen den langjährigen Stromlieferanten TIWAG entschieden und ist zu einem um 20.000 Euro günstigeren Kärntner Öko-Strom-Anbieter gewechselt.
Das ist einmal ein Anfang. Amlach ist auch schon weg von der TIWAG.
Was ist mit den anderen Gemeinden, die sich durch einen Wechsel noch weit mehr ersparen könnten?
Der Glaziologe Markus Weber von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften hat über Jahrzehnte hinweg u.a. über die Messstation am Vernagtferner die Gletscher rund um Vent beobachtet, erforscht und dokumentiert.
Schutzgebiete heißen Schutzgebiete, weil diese Gebiete per Gesetz unter Schutz stehen.
Die TIWAG freilich hätte scheint’s vor, quer durch die Ötztaler Alpen von Obergurgl über Vent bis zum Gepatschspeicher einen 23 Kilometer langen Stollen mit einem Durchmesser von 6 Metern teilweise zu sprengen und teilweise mit Tunnelbohrmaschinen herauszufräsen.
Sie hat gerade ausgedehnte Moorflächen im Längental unwiederbringlich zerstört. Und sie möchte am liebsten auch das große Moor im Platzertal für immer unter einem Stausee verschwinden lassen.
Was ist das für ein verkommener, heruntergewirtschafteter Laden!
Im Juli 2012 (!) hat die TIWAG ihre Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung des geplanten Ausbaus vom Kraftwerk Kaunertal eingereicht.
Ende 2023 (!) sind diese über weite Strecken immer noch grob unvollständig. Von 45 Teilbereichen der Projekteinreichung sind mehr als elf Jahre später 29 mangelhaft und müssen nachbearbeitet werden.
Was für ein schludernder, was für ein schlampig geführter Verein!
So sah der Flusslauf im hinteren Pitztal einmal aus - bevor die TIWAG 1964 den Pitzbach und den Taschachbach eingezogen und ins Kaunertal abgeleitet hat.
Heute ist dort statt der Ache nur noch ein Rinnsal.
Wie gut, dass das mit der Gurgler und der Venter Ache nicht passieren wird.
Die TIWAG hat gerade wieder angefangen, die lokalen Medien mit bezahlten Anzeigen zuzupflastern. Mit schönen, besser gesagt: geschönten Bildern und vielversprechenden, besser: zuvielversprechenden Slogans soll das ordentlich ramponierte Image, wenn es sich schon nicht aus der Welt schaffen lässt, wenigstens übertüncht werden.
Die Inseratenserie zielt zum einen natürlich auf die tiwagkritische Bevölkerung ab, zum anderen – finanziell – auf die Zeitungsbesitzer, die trotz der miesen und kundenfeindlichen Performance des Unternehmens positiv über dieses berichten lassen sollen.
Die Werbefotografenfotos sollen das, was die TIWAG derzeit im Kühtaier Längental anrichtet, in den Hintergrund rücken. Etwas, was nicht gelingen kann.
Und wer bezahlt die in der Tiroler Tageszeitung, der Kronenzeitung, der Rundschau, den Bezirksblättern usw. gegen uns geführte groß angelegte Werbekampagne der TIWAG?
Die Schaltzentrale für die Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz befindet sich in Bayern
Die einzige Pumpspeicheranlage der TIWAG untersteht dem niederländischen Netzbetreiber TenneT, der sie als Ausgleichskraftwerk für das deutsche Stromnetz nutzt. TenneT schaltet die TIWAG-Kraftwerke bei Bedarf ein und aus.
Die Leitstelle der TenneT für die Kraftwerke Kühtai (KHT) und Sellrain-Silz (SLZ) befindet sich in der Kreisstadt Dachau nördlich von München (Screenshot Bayerischer Rundfunk).
Bereits vor 25 Jahren haben das Umweltministerium und das Landwirtschaftsministerium auf Initiative des WWF auch die Ötztaler Ache vom Ursprung der Rofenache bis zum Ortsanfang von Sölden als „ökologisch bedeutsame, weitgehend unberührte Flussstrecke“ ausgezeichnet.
An diesem ausgezeichneten Zustand hat sich seitdem nichts geändert und den wird auch die TIWAG nicht zunichte machen.
In allen drei vom Megaprojekt der TIWAG, das sie verharmlosend „Kaunertal-Ausbau“ nennt, hauptbetroffenen Regionen haben sich die Gegner Bewahrer organisiert. In Pfunds , im Kaunertal und im Ötztal.
Da gibt es kein Durchkommen für die TIWAG.
Das Wasser bleibt im Ötztal.
Ins Kaunertal kommt kein Pumpspeicherkraftwerk.
Und das Platzerteil bleibt so erhalten wie es ist.
Seit mehr als 40 Jahren werden nun schon die Bäche aus dem Kühtai, die im Ortsteil Ebne bei Oetz den grandiosen Wasserfall gebildet haben, von der TIWAG abgezwackt und in den Längentalspeicher entführt.
Die bekannten Gletscherforscher Markus Weber und Ludwig Braun von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften haben den Gletscherschwund am Vernagtferner in Vent über Jahrzehnte hinweg beobachtet und dokumentiert.
Die Wassergenossenschaft Obergurgl, die für die immer schwieriger werdende Trink- und Brauchwasserversorgung des Ortszentrums von Obergurgl verantwortlich ist, spricht sich klar gegen die Ableitungen ins Kaunertal aus.
Die TIWAG benutzt das Wasser aus zahllosen Bächen in Tirol zur Stromproduktion, sieht sich aber überhaupt nicht verpflichtet, diesen an die Tiroler Strombezieher abzugeben.
Das war übrigens einmal der Leiersbach in Umhausen ...
… bevor die TIWAG auch ihn kassiert hat.
Und im September 2003 ohne Genierer und ohne Rücksicht auf die einheimische Bevölkerung an die Fifth Third Leasing Company in Cincinnati, eine Tochter der US-Bank „Fifth Third“, vercrossbordert hat.
Auf Almflächen im hinteren Längental, auf 2200 m Seehöhe, hat die TIWAG gewachsenen Naturboden bis zu 50 cm tief abtragen und dort großflächig Matten aus PP-Gewebe und PP-Vlies aufbringen lassen.
PP heißt Polypropylen und ist ein Kunststoff, der mithilfe einer Reihe sehr giftiger Chemikalien aus Erdöl und Erdgas hergestellt wird.
Auf die mit Natriumbetonit versetzten Kunststoffmatten wurden dann die aus dem zukünftigen Stauraum angelieferten Sauergräser draufgesetzt. Als sogenannte „Ausgleichsmaßnahme“. Für die TIWAG „ein einzigartiges Pilotprojekt“.
Das Polypropylen hat laut amtlicher Prüfstelle eine Lebensdauer von mehr als 100 Jahren und zerfällt später in Mikroplastik.
Vor ein paar Wochen habe ich hier gezeigt, wie die TIWAG mit plumper, auf die Kinder ausgerichteter Kraftwerkspropaganda in die Tiroler Schulen hineindrängt. In Comics verpackt werden Lügen gestreut über Wasser, das angeblich unterhalb der Wasserfassungen weiterfließt, darüber, wie im Längental „alle Lebewesen eingesammelt und in ihre neuen Lebensräume gebracht“ worden seien oder wie mit Windkraft von der Nordsee das Wasser aus dem Kühtai in den Finstertalstausee hinaufgepumpt werde.
„Bringen Sie Energie in den Unterricht!“ fordert die TIWAG im Begleittext auf ihrer Webseite die Schulen auf, um diesen „sowohl für LehrerInnen als auch für SchülerInnen interessanter zu gestalten“.
„Downloads und Verbreitung willkommen!“
Also habe ich das ordentlich „verbreitet“.
Und die Propagandalügen mit den Fakten konfrontiert.
Und dann? Was ist dann passiert?
Will man den laut TIWAG „kindgerechten Comic zum großen Themenkomplex Wasserkraft“ heute aufrufen, dann erhält man diese Auskunft.
Der kleine Maxl ist kein Depp. Es läuft genau so, wie er sich das vorgestellt hat:
Die TIWAG schaltet eine ganzseitige Werbeanzeige in drei Regionalausgaben der Rundschau (Imst-Landeck-Telfs) um 3.744 Euro und bekommt dafür – einfach umblättern – einen „redaktionellen“ PR-Artikel mitgeliefert, der vor Schönfärberei nur so strotzt. Der Naturzerstörer im XXL-Format (siehe Längental) wird dabei greengewashed, dass es greengewashener gar nicht geht.
Rundschau Imst, 25.10.2023 (Vorderseite links und Rückseite rechts)
Die TIWAG hätte vor, die Gurgler und die Venter Ache 25 km weit über das Kaunertal ins oberste Inntal abzuleiten. Selbst in Zwieselstein heraußen wären dann z.B. im Juli von derzeit durchschnittlich 45 m³ Wasser pro Sekunde nur mehr ganze 15 m³ pro Sekunde im Bachbett. Das heißt vom Stand heute nur mehr ein Drittel.
In Sölden in Wahrheit genau so wenig. Vielleicht, inklusive dem Schwärzbach, der nach Zwieselstein dazukommt, 34 oder 35 Prozent.
Mit einem üblen Trick schafft es die TIWAG trotzdem, „für Sölden“ auf eine Restwassermenge im Juli von 42 Prozent zu kommen.
Wie macht sie das? Indem sie die Pegelmessung bei der Schmiedhoferbrücke, am Dorfende also (!), dafür heranzieht.
Diese Bilder aus der insgesamt manipulativen Powerpoint-Präsentation der TIWAG (siehe dazu auch den Beitrag unten vom 8.8.2023) beweisen es: Die Aufnahmen wurden vom Standpunkt Gemeindebrücke Richtung Dorfausgang gemacht, also unterhalb von dort, wo die großen Sölder Zuflüsse Windache und Rettenbach die Ache erst auf die hier angegebenen 21,7 m³/sec. (von heute 51,5 m³/sec) und daraus errechenbare 42 Prozent gebracht haben.
Die in Sölden-Ort damit in Wahrheit fehlenden 65 Prozent der Ache fehlten nicht nur den Paddlern, sie fehlten dem Grundwasserspiegel, den landwirtschaftlichen Böden, dem Kleinklima, der Gewässerökologie usw.
Paddler-Ausflug 2005: Nicht auf 35 Prozent Restwasser (links), sondern auf 100 Prozent der Ötztaler Ache in Sölden. So wie es auch in Zukunft immer möglich sein wird.
Die Wasserfassungen am Königsbach und Verwallbach sowie die Zuleitungen zum Gurgler Speicher befinden sich ebenso wie die geplanten Wehren in Obergurgl und Vent sowie auch die langen Stauräume auf Privatgrund. Diesen stellen die Eigentümer nicht zur Verfügung. Punkt. Aus.
Die Stauwerke in Obergurgl (links) und Vent (rechts) gibt es jetzt und auch in Zukunft nur auf dem Papier und in der Phantasie der TIWAG.
Sämtliche von den geplanten Ableitungen (Königsbach, Verwallbach, Gurgler Ache und Venter Ache) unmittelbar betroffenen Agrargemeinschaften haben unmissverständlich Nein gesagt zu diesem Angriff auf ihr Eigentum. Und zwar allesamt einstimmig.
Denaturieren, um zu renaturieren
Wie absurd ist das denn!
Die TIWAG hat im hinteren Längental bestehenden jahrhundertealten Naturboden weggebaggert, um dort aus dem geplanten Stauraum gebaggerten Naturboden hinzusetzen. Das nennt sie Ausgleichsmaßnahme für zerstörte Flächen im Talboden, der unter Wasser gesetzt wird. Geht’s noch?
Man erinnert sich da unweigerlich an die Begründung eines US-Militärsprechers 1968 dafür, weshalb sie ein vietnamesisches Dorf ohne Rücksicht auf zivile Verluste bombardiert und beschossen haben: „Wir mussten es zerstören, um es zu retten.“
So sah die Weidefläche im Talschluss des Längentals vor dem Eindringen der TIWAG aus (links). Die TIWAG ließ dann den Almwasen abtragen (Mitte) und an dieselbe Stelle Feuchtrasen transplantieren (rechts). Auf eine daruntergelegte Folie (!).
Almrosen und anderer standortgerechter, an die Höhe angepasster Bewuchs musste weichen, damit die TIWAG hier millionenteuren „Umwelt- und Artenschutz“, wie sie es nennt, betreiben kann.
Nicht auf einer Schotter- oder Sandfläche wohlgemerkt wurde die (auf extra angelegten Fahrwegen) ins hintere Tal gekarrte neue ortsfremde Vegetation aufgebracht, nicht irgendwo auf Ödland, sondern dort, wo es vorher flächendeckend alpine Weidelandschaft gab.